Traktat zum Thema Zeit

Traktat zum Thema Zeit

Die Zeit, die unsere Armband.- und sonstigen Uhren anzeigen, ist eine künstliche Zeit, die den reibungslosen Ablauf von Vorgängen in kleinen Ländern bzw, innerhalb bestimmter auch politisch festgelegter geographischen Grenzen, sicherstellen soll. Darüber hinaus gibt es dann die, wiederum nach politischen Gegebenheiten orientierten, Zonenzeiten, die um jeweils 1 Stunde differieren, und so einfach handhabbar sind. Diese Einteilung ist notwendig, weil die Erde eine kugelähnliche Gestalt hat und sich 1 mal pro Tag dreht, also um 360° in 24 Stunden oder 15° in 1 Stunde. Wenn man die mittlere Sonnenzeit auf 24 Std. für 1 Tag festgelegt hat, die für unsere Uhren mit ihrem gleichmäßigen präzisen Gang die Grundlage der Zeitmessung ist, muss man für eine genaue astronomische Zeitmessung eine Menge Korrekturen anbringen und daher eine Menge Begriffe einführen, die dem einen oder anderen vielleicht nicht so geläufig sind. Die Position der Sonne und der Sterne am Himmel ist einigen Einflüssen unterworfen, die bedingt sind durch die elliptische Bahn der Erde um die Sonne, ferner durch das taumeln der Erdachse (siehe auch den Beitrag Zeitrechnung das Datum und die Schaltjahre), durch Störungskräfte der anderen Planeten auf die Erde, und auch durch biologische Prozesse auf der Erde (z. B. Wasserdampfverteilung in der Atmosphäre und ähnliches mehr).

Vor diesem Hintergrund sind folgende Definitionen der Zeit üblich

UT steht für den Begriff Univeral Time in unserer Sprache auch Weltzeit genannt. Sie entspricht der sogenannten mittleren Sonnenzeit, brücksichtigt also nicht die Positionsänderung der Sonne am Himmel durch die leicht elliptische Bahn der Erde. Diese Zeit bezieht sich auf den sogenannten Null-Meridian, der gemäß politischer Festlegung durch Greenwich, einem Vorort Londons, verläuft.

MEZ steht für Mitteleuropäische Zeit, das ist die mittlere Sonnenzeit des 15. östlichen Längengrades. Es ist die Basis der Zeit in Deutschland und seiner angrenzenden Nachbarn. 0 Uhr UT = 1 Uhr MEZ

MESZ steht für Mitteleuropäische Sommerzeit und ist eine reine politische Festlegung , die mit astronomischen Erfordernissen nichts zu tun hat. MESZ = MEZ + 1 Stunde.

OZ ist die Ortszeit und bezieht sich nicht mehr auf einen bestimmten Längengrad (Meridian) wie UT oder MEZ. Diese Zeit bezieht sich auf den Ort des Beobachtes. Für die Sternwarte in Höfingen, die auf dem 9. Längengrad steht und zwar 9° östlicher Länge, ist die Ortszeit: MEZ – 24 min. oder UT + 36 min.

Da 15° Drehung der Erde einer Stunde entspricht, dreht sie sich in 4 min. um 1°.

Die Sternzeit unterscheidet sich von der mittleren Sonnenzeit. Die Ursache liegt darin, dass sich die mittlere Sonne relativ zu einem Fixpunkt, nehmen wir den sogenannten Frühlingspunkt, in 1 Jahr oder 365,25 Tagen um 360° = 24 Stunden von Westen nach Osten bewegt. Der mittlere Sonnentag ist daher um 24h/365.25 oder 3m56s länger als der Sterntag. Die Sternzeituhr geht also pro Monat um ca. 2h vor. Der mittlere Sterntag hat eine Länge von 23h56m4,09054s mittlerer Sonnenzeit. Der mittlere Sonnentag entspricht 24h3m56,55536s mittlerer Sternzeit.

Die Mittlere Sonnenzeit ist, wie bereits erwähnt, eine idealisierte gleichförmig fortschreitende, auf die Erfordernisse des täglichen Lebens abgestimmte Zeit, entsprechend dem gleichmässigen Gang unserer Uhren. Über 1 Jahr gesehen ist sie jedoch fast präzise, da die positiven Abweichungen die negativen nahezu kompensieren.

Die Wahre Sonnenzeit berücksichtigt die Unregelmässigkeit der Bahngeschwindigkeit der Erde und gibt somit die wirkliche Position der Sonne wieder. Die Veränderungen werden durch die sogenannte Zeitgleichung dokumentiert, die mehrere Ursachen hat. Eine davon ist die Veränderung der Bahngeschwindigkeit der Erde auf ihrer leicht elliptischen Umlaufbahn um die Sonne (wird durch das 2. Keplersche Gesetz beschrieben).

Die verschiedenen Monatslängen

In der Astronomie unterscheidet man folgende Monatslängen:

Der Siderische Monat gibt die Zeitspanne wieder, die der Mond auf seiner Bahn um die Erde, übrigens in gleichem Drehsinn wie die Erde um die Sonne, benötigt, mit Bezug auf einen Stern. Die Zeitspanne beträgt 27d7h43m11,5s.

Der Synodische Monat dauert 29,55 Tage oder 29d12h44m2,9s. Er beschreibt die Zeitspanne, die der Mond benötigt für 1 Umlauf in Bezug auf die Sonne, also bis dieselbe Mondphase wieder eintritt. Er ist damit länger als der siderische Monat. Die Differenz ist die tägliche Bewegung der Sonne.

Der Drakonitische Monat ist die Zeit des Mondumlaufs zwischen 2 aufeinanderfolgenden Durchgängen durch denselben Knoten (Schnittpunkt der Mondbahn mit der Ekliptik, also der Sonnenbahn). Sie beträgt im Mittel 27d5h5m35,8s und ist wichtig für die Berechnung von Finsternissen, sowohl Mond- als auch Sonnenfinsternisse.

Der Anomalistische Monat ist die Zeitspanne zwischen 2 Durchgängen des Mondes durch sein Perigäum (kürzeste Entfernung zur Erde) und dauert 27d13h18m33,2s.

Der Tropische Monat ist der Zeitraum zwischen 2 Durchgängen durch den Stundenkreis des Frühlingspunktes (Schnittpunkt der ansteigenden Ekliptik mit dem Himmelsäquator). Er dauert 27d7h43m4,7s mittlere Sonnenzeit.

Die verschiedenen Jahreslängen

Sie resultieren aus der Veränderung der Lage der Erdachse im Raum durch Präzession. Diese führt in knapp 26 000 Jahren dazu, dass sich der Frühlingspunkt um 360° dreht.

Das Tropische oder Astronomische Jahr, ist die Zeit zwischen 2 Durchgängen der mittleren Sonne durch den mittl. Frühlingspunkt. Sie beträgt 365,24219879 mittlere Sonnentage.

Das Siderische Jahr (siderus = Stern). Bezugspunkt ist hier derselbe Stern in der Ekliptik. Die Dauer dieses Jahres ist 365,25636042 mittlere Sonnentage.

Das Anomalistische Jahr ist die Zeitspanne zwische 2 Periheldurchgängen der Erde und entspricht 365,25964134 mittl. Sonnentagen.

Das Julianische Jahr hat 365,25 Tage und ist historisch bedingt.

Das Gregorianische Jahr oder bürgerliche Jahr ist seit der Kalenderreform des Papstes Gregor (1572-1585) unser gebräuchliches Kalenderjahr. Es besteht aus 365,2425 oder 365 + 1/4 – 3/400 mittleren Sonnentagen. Es hat also in einem 400 jährigen Zyklus 3 Schalttage weniger als der julianische Kalender. Schaltjahre (366 Tage pro Jahr) sind: Alle Jahre, die durch 4 teilbar sind, ausgenommen die Jahrhunderte. Die sind nur Schaltjahre, wenn sie durch 400 teilbar sind. Die Jahre 1700, 1800 und 1900 waren also keine Schaltjahre. Die Jahre 1600 und 2000 waren jedoch welche. Mit dieser Regelung wächst die Ungenauigkeit des gregorianischen Kalenders zum exakten tropischen Jahr erst in 3000 Jahren auf 1 Tag an.

Die Zeitrechnung der Astronomie.

Das Julianische Datum , und der Beginn des mittleren Tages

In der Astronomie bedient man sich des sogenannten Julianischen Datums,zur einfachen Ermittlung von Zeitabständen die ja bei der Beobachtung vor allem über längere Zeiträume eine grosse Rolle spielen. Hier findet eine Methode Anwendung, die Julius Cäsar Scalinger vorgeschlagen hat. Demnach ist der Beginn der sogenannten julianischen Periode der 1. Januar des Jahres -4712. Die Tage werden nach dieser Methode fortlaufend ab diesem Datum ab 12 Uhr Mittag (UT) gezählt. Der 3. Nov. 2000 13.05 Uhr z B. entspricht dem jul. Datum 2 451 852,0451. Der 4. März 2001 18.47 Uhr entspricht dem jul. Datum 2 451 973,2826. Die beiden Zeitpunkte liegen also 121,2375 Tage auseinander.

Internationale Atomzeit. – TAI –

Durch die Einführung von Atomuhren mit einer Ganggenauigkeit von 1 sekunde in 30 000 Jahren fand man die kurzfristigen Schwankungen der Erdumdrehung (bedingt durch die bremsende Wirkung der Gezeiten und anderer teils jahrezeitlich bedingter und unperiodisch auftretender Unregelmässigkeiten durch die Verlagerung der Massenverteilung auf der Erde), somit erwies sich die Erdrehung (Sonnenzeit UT) als ungenau. Die Atomzeitskala muss nun mit der astronomischen Zeitskala in Einklang gebracht werden. Da unser Kalender auf Sonnentag und Sonnenjahr ausgerichtet ist hat man noch vor der Einrichtung der Atomzeit die Zeitdefinition von der Erdrotation unabhängig gemacht, und die

Ephemeridenzeit – ET –

eingeführt. Die Ephemeridenzeit ist unabhängig von der Erdrotation, und wird von der jährlichen Umlaufzeit der Erde um die Sonne abgeleitet.(Die Basis ist das tropische Jahr). Die Festlegung der ET ist erst nach Beobachtung von Gestirnen möglich. Sie muss der Weltzeit (UT) angepasst werden.

Es gilt daher: dt = EZ – UT

Zur Zeit liegt der Wert für dt über einer Minute. 1984 wurde anstatt der ET die

Dynamische Zeitskala -TDT-

eingeführt. Sie ist ebenfalls eine Ephemeridenzeit und unterscheidet sich von ET durch verschiedene Bezugspunkte (Beobachter auf der Erde und Schwerpunkt des Sonnensystems – Baryzentrum)

dt = TDT – UT

Die dynamische Zeitskala muss als ET mit der Atomzeitskala (TAI) in Verbindung gebracht werden. dt wird aus Beobachtungen bestimmt. Davon wird die UTC abgeleitet, wobei UTC die sogenannte koordinierte Weltzeit ist, und als Schaltsekunde halbjährlich, entweder am 30. Juni oder am 31. Dez. zur UT addiert oder subtrahiert wird, je nach Trend der Unregelmässigkeiten der Erdumdrehung.

Es gilt: dAT = TAI – UTC

Die in den Sternkalendern und astronomischen Jahrbüchern benutzten Zeiten sind in UT bzw. MEZ (UT + 1h) und nicht als TDT aufgeführt.

Literatur : Hans Ulrich Keller, Astrowissen, Kosmos Verlag

Willy Mahl 03.11.2000


Letzte Änderung am 2009-Mar-15

Der Transit innerer Planeten über die Sonne

Unter einem “Transit” oder “Durchgang” innerer Planeten versteht man den Vorgang des Vorbeilaufens von Merkur oder Venus vor der Sonnenscheibe. (Anhand eines Venus-Durchgangs lässt sich auch die Entfernung Erde-Sonne bestimmen.)

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Wie der Himmel Sterne schluckt

Bei längerer Beobachtung des Sternenhimmels wird man feststellen, dass die infolge der Erddrehung aufgehenden Sterne heller und untergehende, bzw. Sterne die sich dem Horizont nähern, dunkler werden. Und dies bei wolkenlosem Himmel und guten konstanten Sichtbedingungen. Ist das eine optische Täuschung? Nein, es ist keine optische Täuschung. Die Ursache dieses seltsamen Verhaltens nennt man “Extinktion” (Frequenz und stoffabhängige Schwächung der Intensität einer Strahlung durch Absorption, Streuung, Beugung, und Reflexion) oder in deutscher Übersetzung “Auslöschung”.

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Warum funkeln Sterne?

Warum funkeln Sterne?

Das Funkeln von Sternen entsteht durch die Brechung von Lichtstrahlen an den Schlieren warmer und kalter Luft, die nebeneinander in der Atmosphäre vorkommen, und zwar vor allem dort, wo sich eine warme Luftschicht über eine kältere schiebt, und dadurch Luftwellen und -wirbel entstehen.

Die Helligkeitsänderungen kommen dadurch zustande, dass die ungleichmäßig abgelenkten Lichtstrahlen nicht gleichmäßig parallel auf die Erdoberfläche treffen. Da nun alle Luftschichten durch den Wind weitergetragen werden, (während sie sich gleichzeitig fortwährend verändern) befindet sich der Beobachter im Bereich größerer, dann wieder geringerer Helligkeit. Am schönsten kann man das Funkeln am Sirius wahrnehmen, der ja in unseren Breiten im Winter relativ tief steht. Benutzt man ein Fernglas ist der Effekt des funkelns noch beeindruckender. Sehr schön zu beobachten ist auch die Scintillation der Plejaden. Starkes funkeln beweist eigentlich nur, dass die Atmosphäre nicht homogen ist, und dass die inhomogenen Luftschichten ständig in Bewegung sind. Der Effekt hängt auch stark von bestimmten Wetterlagen ab. Am nördlichen Sternenhimmel funkeln übrigens die Sterne am stärksten.

Planeten funkeln wesentlich weniger als Sterne,weshalb man sie auch daran gut identifizieren kann. Die Ursache liegt darin, dass wir die Sterne nur als Punkte sehen, die selbst durch grosse Fernrohre betrachtet immer noch Punkte bleiben, da sie einen scheinbaren Durchmesser von <0,05″ haben. Planeten sind jedoch kleine Scheibchen, mit einem scheinbaren Durchmesser von 10″-68″ (Venus). Saturn hatte z.B. am 5.2.1999, als ich ihn beobachtet habe, 17,3″, wobei ich kein Funkeln erkennen konnte. In unserer Pupille vereinigt sich ein Kegel von Lichtstrahlen. Eine Luftschliere lenkt einen Lichtstrahl nur um wenige Bogensekunden ab, sie bewirkt also, dass an die Stelle eines Strahls der zuerst ins Auge fiel, nun ein anderer Strahl des Kegels tritt, was an der Intensität nichts ändert. Nur wenn ein Strahl der vorher unser Auge um weniges verfehlte, nun aufgrund der veränderten Lichtbrechung in das Auge trifft, bemerken wir,dass sich die Helligkeit ändert. Im Fall des beobachteten Planeten Saturn, an dem ich im Gegensatz zu den Sternen kein Funkeln wahrgenommen habe, ist der Durchmesser des Saturn in z.B. 2000 m Entfernung 0,16 m , entsprechend 17,3″. Die Fläche des Planetenscheibchens kann man sich aus vielen Lichtpunkten zusammengesetzt vorstellen, die unabhängig voneinander funkeln und deren annähernd konstante Summen man sieht.

Funkeln bei Planeten kann man erst wahrnehmen, wenn die Richtungsänderung, die die Strahlen erfahren von der gleichen Grössenordnung ist, wie der scheinbare Durchmesser des Planeten.

Willy Mahl 04.10.2000


Letzte Änderung am 2009-Mar-15

STERNE

OBAFGKM

… das ist das Alphabet der stellaren Astronomie, die Sequenz der Spektraltypen, die Grundlage unseres Wissens über die Sterne. Das Verständnis des Spektrums erschließt uns die physikalische Natur der Sterne. Wie unsere Sonne, sind alle Sterne riesige Nuklear-Öfen, die Masse in Energie umwandeln (E = m * c2). Als Nebenprodukt versorgt unsere Sonne die Erde mit Licht und Wärme und ermöglicht damit unsere Existenz.

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Sternbilder

Ein Blick auf den wolkenlosen Sternhimmel zeigt dem Betrachter eine Vielzahl an Sternen in bunter Mischung der Helligkeiten und unregelmässig am Himmel verteilt. Um einzelne Sterne über eine Zeitspanne zu beobachten muss man sie zuverlässig und daher möglichst einfach lokalisieren können. Schon frühzeitig haben daher die Menschen begonnen, die hellsten Sterne zu Gruppen zusammenzufassen, daraus entstanden die Sternbilder.

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Die Sternbilder und die Zeit

Die Sternbilder und die Zeit

Die Idee, die unregelmäßig am Himmel verteilten Sternkonstellationen in Bildern zusammenzufassen stammt aus prähistorischer Zeit und diente dem Menschen der Frühzeit zur besseren Identifizierung von Sternen und Sternfeldern. In Zeiten, als es noch keinen Kalender gab, war der Stand der Sterne ein wichtiger Anhaltspunkt für den Ackerbau, um z.B. mit der Aussaat zu beginnen, usw. Wenn man den Nachthimmel über eine gewisse Zeit beobachtet stellt man folgendes fest:

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Die Sonne

Als nächster Stern von der Erde aus, 150 Millionen km entfernt, produziert die Sonne Energie, die das ganze Ökosystem unseres Planeten betreibt und so für alles Leben auf der Erde verantwortlich ist. Die Sonne ist ein Plasmaball aus ca. 90% Wasserstoff (Plasma ist ein super heißes, geladenes Gas), der unter anderem einen sogenannten Sonnenwind produziert.

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Die scheinbare Vergrößerung von SONNE und MOND am Horizont

Die Größe von Sonne und Mond in Verbindung mit ihren Entfernungen von der Erde führen zu der wohl einmaligen Eigenschaft im Sonnensystem, dass beide Objekte für den Beobachter auf der Erde denselben Durchmesser haben. Im Durchschnitt sind das ca. 32 Bogenminuten.

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Die Reisegeschwindigkeit der Erde

Die Reisegeschwindigkeit der Erde

Die meisten Menschen reagieren mit ungläubigem Staunen, wenn sie hören, mit welcher Geschwindigkeit sie durch das Sonnensystem rasen. Wenn sie dann mangels Gegenargumenten, zumindest vorläufig, die Information geschluckt haben, dann kommt meistens die Frage, “wie kann man denn das so genau messen?”.

Die Antwort auf diese Frage gibt einen Einblick in die oft sehr raffinierten und intelligenten Methoden der Astronomie, die mit den “Bordmitteln” Intuition, Phantasie und präziser Beobachtung schon so viele Rätsel des Kosmos gelöst hat, seit Tycho Brahe und Kepler.

Daten der Erdbahn

Die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne: 149,6 Mio km = 1 AE (= Astronomische Einheit)Die Exzentrizität der leicht elliptischen Erdbahn ist: e = 0,0167Das bedeutet, dass die Sonnendistanzim Perihel (Sonnen-Nähe) = 147 Mio km beträgtund im Aphel (Sonnen-Ferne) = 152 Mio km.Die Perihelgeschwindigkeit der Erde ist 30,3 km/s = 109 080 km/h, die Aphelgeschwindigkeit ist hingegen 29,3 km/s = 105 480 km/h.Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde am Äquator ist 0,465 km/s oder 1674 km/h.

Wie hat man nun diese enorme Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne ermittelt?

Beim Versuch, die Entfernungen von Fixsternen zu ermitteln, hat man einen Effekt entdeckt, der unter dem Begriff: “Aberration des Lichts ” in die Geschichte der Astronomie eingegangen ist. Das war nicht etwa in diesem Jahrhundert, sondern schon 1725.

Dazu folgende Hinweise:

Beobachtet man einen Stern, der für einen ruhenden Beobachter im Sonnensystem senkrecht zur Ekliptik, also zur Erdbahn,bzw. zur scheinbaren Sonnenbahn steht, von der bewegten Erdbahn, also von der Erde aus, so muss das Teleskop des Beobachters in Richtung der Erdgeschwindigkeit v um den sogenannten Aberratonswinkel v/c (das entspricht ca. 20,48″) vorgeneigt werden, damit es auf den Stern zeigt.c ist die Lichtgeschwindigkeit (299 792,458 km/s).

Im Lauf eines Jahres beschreibt also ein Stern in Richtung Pol zur Ekliptik einen kleinen Kreis. In Richtung Ekliptik bewegt er sich auf einer Geraden hin und her. In den Positionen dazwischen beobachtet man eine Ellipse.

Siehe dazu folgende Skizze:

AmPol der Ekliptik beschreibt der Stern einen Kreis mit dem Radius a = v/c = 20,48″.Im Abstand von 1/4 Jahr sieht der Beobachter den Stern in den Positionen 1, 2, 3 und 4.

DiesenEffekt, der durch die endliche Größe der Lichtgeschwindigkeit und durch die Geschwindigkeit der Erde entsteht, kann man sich mit einer Analogie aus dem täglichen Leben weiter veranschaulichen: Wenn ein durch den Regen eilender Mensch seinen aufgespannten Regenschirm senkrecht hält,so wird er nass. Neigt er ihn aber je nach seiner Geschwindigkeit nach vorne, also in Bewegungsrichtung,so bleibt er trocken. Dies ist dasselbe Prinzip.

Warum spüren wir nichts von unserer enormen Riesengeschwindigkeit?

Die Erde beschreibt um die Sonne innerhalb eines Jahres eine leicht elliptische, fast kreisförmige Bahn. Um die Erde auf dieser Bahn zu halten braucht es Kräfte, denn erinnern wir uns an den Trägheitssatz: Körper behalten ihren Bewegungszustand bei, wenn sie kräftefrei sind. Das Beibehalten des Bewegungszustandes entspricht einer gleichförmigen bewegung, die konstante Geschwindigkeit und unveränderte Bewegungsrichtung als Eigenschaft hat. Bei einer Kreisbahn ändert sich die Bewegungsrichtung ständig. Die hierfür notwendige Kraft wird im Falle der Erde durch die Gravitationskraft der Sonne realisiert. Von dieser Kraft spüren wir allerdings nichts, weil die Anziehungskraft der Sonne mit 1/1600 der Erdanziehungskraft für einen Beobachter auf der Erdoberfläche verschwindend gering ist.

Unsere Bahngeschwindigkeit müssen wir daher aus ruhenden Objekten ableiten. Obwohl Fixsterne alles andere als ruhende Objekte sind, erscheinen sie uns als Objekte, die aufgrund ihrer riesigen Entfernungen nur in hunderten von Jahren ihre Position am Nachthimmel ändern, wenn wir unseren Nachbarstern Alpha Centauri mit nur gut vier Lichtjahren Enfernung ausklammern.

Willy Mahl , Mai 2003


Letzte Änderung am 2009-Mar-15