Der große und der kleine Wagen

Der große und der kleine Wagen

Beide so im Volksmund genannten Sternkonstellationen, sind wohl im gesamten deutschen Sprachraum allgemein bekannt und deutlich am Sternenhimmel zu identifizieren. Der große Wagen wird im angelsächsischen Sprachraum auch „big dipper“, frei übersetzt „großer Schöpflöffel“ genannt, was auch von der Form her leicht nachvollziehbar ist. Trotz dieser schönen Namen stellen diese Bezeichnungen keine Sternbilder dar. Das Sternbild, in das der große Wagen integriert ist, heißt „Ursa Major“ oder auf deutsch „großer Bär“.

Der große Bär

Der große Wagen ist also nur ein Teil des großen Bären.

Wie beim großen Bären der Schwanz gleichzeitig der Deichsel des großen Wagens entspricht, so ist der Schwanz des kleinen Bären, Ursa Minor, identisch mit der Deichsel des kleinen Wagens:

Der kleine Bär

Diese Konstellation hat eine besondere Bedeutung, da der letzte Deichselstern des kleinen Wagens der auch Nordstern genannte Polarstern ist. Der Nordstern hat eine Helligkeit von 2,0m, daher ist er nicht sehr auffällig. Am besten findet man ihn, wenn man die beiden hinteren Kastensterne des großen Wagens 5 mal verlängert.

Der große Wagen wird allgemein als Messlatte für Himmelsdistanzen und auch als Zeiger zu anderen Sternbildern und Sternen verwendet. Er hilft uns, Abstände am Himmel zu beschreiben und Positionen anderer Objekte zu bestimmen.

Folgende Winkel können wir ablesen:

Zum Vergleich die Handorientierung mit der ausgestreckten Faust:

Die Deichsel des großen Wagens kann man auch als Zeiger benutzen. Verlängert man die Deichsel in südlicher Richtung, so stößt man auf einen hellen Stern. Sein Name ist Arktur. Er ist der hellste Stern des Sternbildes Bootes. Die gleiche Strecke weiter in Richtung Süden bringt uns zum hellsten Stern der Jungfrau mit Namen Spica. Verlängert man nun die beiden hinteren Kastensterne des großen Wagens nach Süden (Wir erinnern uns, nach Norden hat uns die Linie zum Polarstern geführt), so stoßen wir auf Regulus, den hellsten Stern im Sternbild LEO, dem Löwen.

Wenn man nun von Regulus ausgehend die Strecke Spica – Regulus Richtung Westen weiterführt, so kommt man in das Sternbild Gemini oder Zwillinge mit den beiden dominierenden Sternen Castor und Pollux. Die Zwillinge sind wiederum Bestandteil des sogenannten Wintersechsecks, das über das markante Wintersternbild Orion beschrieben werden kann.

Der kleine Wagen als Marker für den Polarstern ist in dieser Funktion noch nicht am Ende, er kann auch noch mit seinen Sternen benutzt werden, um die Durchsicht durch die Atmosphäre zu prüfen. In folgender Skizze sind die Helligkeiten der Sterne ersichtlich:

In einer mondlosen Nacht kann das menschliche Auge Sterne bis zur Helligkeit der Größe 6 (kleiner 6 zunehmende, größer 6 abnehmende Helligkeit) wahrnehmen, bei guten atmosphärischen Bedingungen. Gibt es Einschränkungen oder Störungen, so kann man dies an der Wahrnehmbarkeit von bestimmten Sternen feststellen. Am kleinen Wagen z.B. kann man dies, wenn man die oben angegebenen Helligkeiten der Sterne kennt. Der kleine Wagen eignet sich deshalb so gut, weil er fast im Zenit steht, und so die ganze Nacht sichtbar ist (er ist „cirkumpolar“ wie die Astronomen sagen). Da die Drehachse der Erde auf den Polarstern zeigt, bleibt er unabhängig von der Zeit immer an derselben Stelle, während alle anderen Sterne sich um den Polarstern drehen. Diese Situation ist vergleichbar mit einer Uhr. Man kann bestimmte Sternkonstellationen als Zeiger benutzen und damit eine Himmelsuhr konstruieren, die für eine Umdrehung des Zeigers 24 Stunden anzeigt. Siehe auch den Beitrag „Der Sternenhimmel als Orientierungshilfe und Uhr„.

Da die beiden hinteren Kastensterne des großen Wagens (wir erinnern uns, die 5-fache Verlängerung ihres Abstandes führt zum Polarstern) in einer Linie stehen, sind sie auch als Zeiger dieser Uhr verwendbar.

Zum Schluss kommen wir nochmals auf den großen Wagen als Wegweisser zu anderen Sternbildern zurück. Verlängert man die Strecke Deichsel-Polarstern über diesen hinaus, so findet man das große W der Cassiopeia. Von dort aus kann man dann wieder in der Nachbarschaft die Konstellationen Cepheus und Perseus lokalisieren. Eine weitere Linienführung vom großen Wagen aus, ist die Verlängerung der beiden oberen Kastensterne in Gegenrichtung zur Deichsel, also Richtung Westen, bis man auf einen sehr hellen Stern stösst. Dies ist Capella, der Hauptstern des Sternbildes Auriga (Fuhrmann).

In diesem Stil kann man kann man sich eigene individuelle Brücken bauen um das Gewirr der Sterne zu ordnen, um die nötige Übersicht zu bekommen. Denn um Himmelsereignisse zu beschreiben und zu suchen, wie z. B. den Radiant von Sternschnuppenströmen, ist es sehr hilfreich, wenn man sich mit den Sternbildern ein wenig auskennt und damit eine bestimmte Zone des Himmels beschreiben kann. Als ersten Schritt sollte man schon 12 Sternbilder des nördlichen Sternenhimmels kennen.

Willy Mahl


Letzte Änderung am 01.07.2003 durch astroman

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